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Der Newcomer bedankte sich für das
Vertrauen mit dem Ausgleichstor.
Bald aber stellte sich heraus, dass
ihm bei aller Torgefährlichkeit – ins-
gesamt 16 Treffer in 30 Länderspie-
len – die Rolle des Spielgestalters auf
den Leib geschneidert war. Schnelle
Dribblings aus demMittelfeld heraus,
der exakte Pass in die Tiefe für die
Mitspieler, der genaue Rückpass von
der Grundlinie, die Präzision bei
Standards waren seine Markenzei-
chen. Er überblickte die Situationen,
las das Spiel und dirigierte es. Für
den ungarischen Auswahltrainer
Karoly Soos wurde er zur ausführen-
den Hand auf dem Platz, zum Beispiel
beim Gewinn der Bronzemedaille
1964 bei Olympia in Tokio.
Weil der Dirigent aus Berlin mit sei-
nem starken linken Fuß die west-
musterten Manfred Kaiser und Gün-
ter Schröter zurück. Jürgen Nöldner
spielte stattdessen in der B-Mann-
schaft gegen die CSSR – das war
sein Glück. Später nämlich sperrte
die FIFA alle Spieler, die an EM-
und WM-Qualifikationsspielen teilge-
nommen hatten, für Olympia.
Nöldners Stern ging bereits 1959 als
18-Jähriger auf. Mit der Juniorenaus-
wahl stand er im Halbfinale des
UEFA-Turniers, der heutigen Europa-
meisterschaft. Und die Junioren von
Vorwärts Berlin führte er zu Meister-
schaft und Pokal. Dennoch über-
raschte, dass Trainer Harald Seeger
den international unerfahrenen Bur-
schen im Herbst im Europapokal der
Landesmeister gegen den englischen
Champion Wolverhampton Wande-
rers beim 2:1-Hinspielsieg in Berlin
als Mittelstürmer ins Wasser warf.
Schröter vor dem Freundschaftsspiel
gegen England in Leipzig nach dem
Ehrenanstoß mit Standing Ovations
im ausverkauften Zentralstadion aus
der DDR-Auswahl verabschiedet.
Als glänzender Regisseur und
perfekter Techniker hatte sich auch
Lothar Meyer aus der jungen Berliner
Vorwärts-Meistermannschaft (1958
und 1960) in den Vordergrund ge-
spielt und sich bis 1961 in 16 Länder-
spielen die zweite Halbstürmer-Position in der DDR-Auswahl erobert.
Als der Fußballverband der DDR im
Mai 1961 vor dem EM-Qualifikations-
spiel gegen die Niederlande dem
Auswahltrainer Heinz Krügel den
Ungarn Karoly Soos über Nacht vor
die Nase setzte, änderte der das
Team im letzten Moment und holte
die „Alten“ und von Krügel ausge-
„FRITZ WALTER DES OSTENS“: JÜRGEN NÖLDNER VON DREI GEGNERN NICHT ZU STOPPEN.